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Wesermarsch
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Wo Opfer von Straftaten Hilfe finden

Wesermarsch - Die Fälle, mit denen es die Ehrenamtlichen zu tun haben, sind heftig. Oft geht es um häusliche Gewalt, manchmal um Erpressung oder Einbrüche. Die Folgen für die Opfer sind oft dramatisch.

Wer Opfer einer Straftat wird, leidet nicht selten jahrelang darunter. Zum Glück gibt es Menschen, die helfen – auch in der Wesermarsch. Der WEISSE RING hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kriminalitätsopfer zu unterstützen. Nachdem die Leiterin der Außenstelle Wesermarsch, Martina Czerwinski, ihr Amt niedergelegt hatte, kursierten Gerüchte, dass es keine Außenstelle mehr gäbe. Das ist aber falsch. Es gibt sie nicht nur – das Team der Ehrenamtlichen wächst sogar. Linda Schmitz-
Major aus Berne, Christoph Leßmann aus Lemwerder und Brigitta Janker aus Elsfleth sind bereits für den WEISSEN RING im Einsatz. Demnächst kommen Birgit Beerhorst aus Nordenham und Marlies Meinardus aus Elsfleth dazu. Sie absolvieren gerade eine Ausbildung, um für den WEISSEN RING tätig werden zu können. Und die ist auch dringend notwendig. Denn die Arbeit ist anspruchsvoll. 

Häusliche Gewalt
Die Helfer bekommen einen tiefen Einblick in die Abgründe des menschlichen Daseins. Häusliche Gewalt ist dabei ein Schwerpunkt. Die Zahlen der zuständigen Polizeiinspektion zeigen: 2024 wurden in der Wesermarsch 207 Fälle häuslicher Gewalt gemeldet. Bei der Außenstelle des WEISSEN RINGS in der Wesermarsch suchten im vergangenen Jahr 42 Personen Hilfe, 16 von ihnen waren Opfer häuslicher Gewalt geworden. Das teilt Steffen Hörning, Landesvorsitzender Niedersachsen des WEISSEN RINGS, auf Nachfrage mit. Nach seiner Einschätzung könnte die Zahl der Hilfesuchenden in der Wesermarsch in diesem Jahr noch höher liegen. 


Christoph Leßmann geht davon aus, dass viele Fälle von häuslicher Gewalt in der Polizeistatistik gar nicht auftauchen. Dass Betroffene solche Straftaten zur Anzeige bringen, ist nicht selbstverständlich. Die Ehrenamtlichen machen immer wieder die Erfahrung, dass zum Beispiel die Opfer einer Vergewaltigung nicht zur Polizei gehen, sondern sich zuerst und manchmal ausschließlich an den WEISSEN RING wenden. Christoph Leßmann weiß, dass viele Frauen den Weg zur Polizei scheuen, weil sie eine Retraumatisierung fürchten oder weil sie Angst haben, dass man ihnen nicht glaubt.
 

Zuhören
„In erster Linie geht’s darum, die Menschen ernst zu nehmen und für sie da zu sein“, erzählt Linda Schmitz-Major. „Wir hören zu, wir zeigen Möglichkeiten auf, aber wir geben keine Empfehlungen“, sagt sie weiter. Brigitta Janker weist darauf hin, dass es in solchen Gesprächen sinnvoll sein kann, wenn eine Vertrauensperson dabei ist. Die Außenstelle Wesermarsch des Weißen Rings freut sich über Ehrenamtliche, die das Team verstärken wollen. Wie Christoph Leßmann mitteilt, sind weitere Helfer und Helferinnen willkommen. Formale Voraussetzungen sind ein Mindestalter von 18 Jahren und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis. Wie das Team Wesermarsch mitteilt, sollten die Ehrenamtlichen darüber hinaus eine gewisse Lebenserfahrung haben, mental stark sein, zuhören können und ein „großes Herz“ haben. Tätig werden können die Ehrenamtlichen nach Hospitationen und absolvierter Ausbildung. Dazu gehören unter anderem ein Grundseminar und Online-Schulungen. Auch Fortbildungen und Supervision werden angeboten. Nach den Worten von Christoph Leßmann hat der WEISSE RING eine Fürsorgepflicht gegenüber den ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und nimmt diese auch wahr: „Wir sind nicht allein mit unseren Fällen.“ Erreichbar ist die Außenstelle Wesermarsch unter Tel. 0173/5707001 oder per E-Mail an wesermarsch@mail.weisser-ring.de. Auch Kriminalitätsopfer können auf diesen Wegen Kontakt zum WEISSEN RING aufnehmen.


Die Ehrenamtlichen des Wesermarsch-Teams kommen aus ganz unterschiedlichen Berufen – und das ist ach gut so. Linda Schmitz-Major zum Beispiel hat 40 Jahre lang eine Kita geleitet. Brigitta Wanker ist im Justizwesen tätig. Christoph Leßmann ist unter anderem als Psychologe tätig. Das Team trifft sich einmal im Monat in Brake, um sich über die aktuellen Fälle auszutauschen. Auch Präventionsarbeit, zum Beispiel an Schulen, übernimmt das Wesermarsch-Team des WEISSEN RINGS. 
Der WEISSE RING kann zum Beispiel behilflich sein bei der Suche nach psychologischer Erstberatung.  Dafür steht den Ehrenamtlichen ein Budget zur Verfügung. Immer wieder kommt es vor, dass die Ehrenamtlichen Kriminalitätsopfer bei Gerichtsverhandlungen begleiten. Denn auch solche Verhandlungen können sehr belastend sein, vor allem dann, wenn die Opfer den Tätern begegnen. Viele Opfer wenden sich nicht unmittelbar nach einer Straftat beim WEISSEN RING. Manchmal vergehen sogar Jahre, bis sie sich Hilfe suchen. Christoph Leßmann weist darauf hin, dass es die Möglichkeit der anonymisierten Beweissicherung gibt. Das bedeutet: Gewaltopfer können Spuren sichern lassen, ohne sofort eine Anzeige erstatten zu müssen. Diese gesicherten Beweise können später, auch nach Monaten oder Jahren, für eine Anzeige verwendet werden.

Sextortion
Auch mit Kindern und Jugendlichen haben es die Ehrenamtlichen zu tun. Brigitta Janker zum Beispiel berät junge Menschen, die Opfer von Sextortion geworden sind. Dieser Begriff bezeichnet eine Form der Erpressung, bei welcher der Täter dem Opfer mit der Veröffentlichung von Nacktfotos oder - videos des Opfers droht. Die Betroffenen werden zum Beispiel zu einer Geldzahlung oder zu sexuellen Handlungen gezwungen.

Auch Menschen, in deren Wohnung eingebrochen wurde, leiden nicht selten jahrelang unter dieser Erfahrung. Christoph Leßmann berichtet von Betroffenen, die aus ihrem eigenen Haus ausziehen mussten, weil sie es dort nicht mehr ausgehalten hatten. Wie lange sich Kriminalitätsopfer beraten lassen, ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Einigen genügt ein einmaliger Kontakt. Bei anderen kann sich die Beratung über mehrere Jahre erstrecken. Das Angebot des WEISSEN RINGS nutzen überwiegend Frauen. Dabei wissen die Ehrenamtlichen, dass auch Männer oft jahrelang leiden, wenn sie Opfer einer Straftat geworden sind. Auch wenn es um häusliche Gewalt geht, können Frauen zu Täterinnen und Männer zu Opfern werden.
 

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